Als am 24. April in Paderborn wieder eine Friday-for-Future-Protestaktion anberaumt war, da hatte ich ein ungutes Gefühl. Denn der Corona-Lockdown war in vollem Gange und es stand zu befürchten, dass die Pandemie als das vermeintlich stärkere Thema die Klimaschutzbewegung überstrahlen würde – dass sich die Friday-for-Future-Bewegung auflösen oder zumindest in der Bedeutungslosigkeit versinken würde. Nichts davon ist eingetreten – Gottseidank. Im Gegenteil: Im April ließet ihr euch auch schon nicht unterkriegen. Statt dicht an dicht stehender Protestierender lagen hier zahllose Pappschilder stellvertretend für euch dicht an dicht. „Gegen Klimasterben gibts keinen Impfstoff“ stand dort beispielsweise zu lesen. Oder „Unsere Umwelt wird ne Unwelt“ – „das ist nicht links, das ist logisch“ oder auch „rettet den Spargel 2050“.
Mit dieser Aktion habt ihr erneut den Beweis angetreten: Die Klimaschutzbewegung ist nicht kleinzukriegen, sie ist allgegenwärtig, sie ist kreativ – und sie ist LAUT.
Es haben sich schon ganz andere an der neuen, politisch motivierten Jugend abzuarbeiten versucht. Ob das eine Bundesregierung ist, die allen Ernstes erst im Jahr 2038 den Kohleausstieg umsetzen will, ob das weiße alte Männer sind, die Schimpftiraden über Greta Thunberg niedergehen lassen oder ob das rechtspopulistische Kräfte sind, denen jedes Mittel recht ist, Hass und Hetze zu verbreiten und den Klimawandel überhaupt in Frage stellen. Apropos Klimawandel: Wenn ich jetzt hier auf den sonnenheißen Rathausplatz blicke und wir gleich wieder die 30-Grad-Marke überspringen, dann frage ich mich, wie man überhaupt darauf kommen kann, die globale Erderwärmung in Zweifel zu ziehen. Für manche Menschen reichen einige Regentage im Juni offenbar vollkommen aus, um das knochentrockene Frühjahr zu vergessen.
Von den letzten beiden Rekordsommern ganz zu schweigen: 2018 und 2019 fielen in Deutschland so wenig Niederschläge, dass die Böden immer noch viel zu trocken sind.
Hier entstanden Defizite, die sich nicht durch zwei oder drei regenreiche Tiefdruckgebiete auffüllen lassen. Welche Beweise benötigen wir denn eigentlich noch?
Beim Übereinkommen nach der UN-Klimakonferenz in Paris im Jahr 2015 verabschiedeten 196 Staaten die Begrenzung der globalen Erwärmung auf deutlich unter 2 Grad. Damals konnten wir unser Glück ja kaum fassen. Dass einmal so viele Staaten an einem Strang ziehen würden, das hätte ja nie jemand für möglich gehalten. Aber solch ein Übereinkommen ist sehr fragil. Es braucht nur ein Klimaleugner wie Donald Trump daherzukommen, und schon sind die USA wieder draußen: 2017 gab der amerikanische Präsident bekannt, dass die USA wieder vom Pariser Übereinkommen zurücktreten würde.
Darum müssen solche Meilensteine verteidigt werden. Wir brauchen weiterhin viel Aufmerksamkeit, wir brauchen kleine und große Siege – und wir brauchen Beharrlichkeit. Denn ohne ein starkes Stehvermögen wird sich der deutsche Kohleausstieg vor 2038 wohl kaum durchsetzen lassen. Er muss früher kommen. Und wenn ich so in eure Gesichter schaue von euch vielen jungen Menschen, dann möchte ist fast auch dran glauben: Der Kohleausstieg WIRD früher kommen.
Wie lächerlich und kleinkariert ist es gegenüber diesen gewaltigen Dimensionen, wenn sich Städte und Gemeinden im Kreis Paderborn mit Händen und Füßen dagegen wehren, den Klimanotstand auszurufen. Weil, so lautete vielerorts die Begründung, die Entscheidungsfreiheit bei Bauprojekten beschränkt und die Kosten für die Umsetzung steigen würden.
Seit etlichen Monaten sind diese Städte und Gemeinden mit nichts anderem mehr beschäftigt, als die durch die Trockenheit abgestorbenen Fichten aus ihren Wäldern zu holen. Millionenbeträge gingen dort den Bach runter. Aber die Ausrufung des Klimanotstandes, die ist teuer und überzogen? Der Kliamwandel macht auch keinen Halt am Ortschild von Bad Lippspringe um das Image nicht zu schädigen! Und es soll mir bloß keiner sagen, dass unsere Anstrengungen global betrachtet wirkungslos seien – und dass lediglich Brasilien, Indien und China es in der Hand haben, wie hoch die Durchschnittstemperatur auf unserem Planeten letztlich ansteigen wird. Denn Brasilianer, Inder oder auch Chinesen sind nicht blöd. Bei denen ist es nämlich noch heißer als hier – und noch trockener. Und wenn die sehen: in Deutschland, gibt es Windräder, Fotovoltaik, E-Autos, die brauchen Kohle, Erdöl und Erdgas gar nicht mehr“ – dann kommen die auch auf den Trichter und fragen uns: wie habt ihr das gemacht? Hier sehe ich die Zukunft. Eine Zukunft mit glimpflichen Wetterereignissen, eine Zukunft mit sauberen erneuerbaren Energien, eine Zukunft in der wir den Klimawandel verlangsamen, eine Zukunft auf die man Lust hat. EURE ZUKUNFT!
Angesichts der Hitze hier und heute frage ich mich manchmal, ob es überhaupt noch möglich ist, das Klima zu retten. Aber wie lauten denn die Alternativen?
Eine „jetzt-ist-es-auch-egal“-Stimmung ist völlig undenkbar. Im Gegenteil müssen wir unsere
Anstrengungen verdoppeln und die Verbrennung fossiler Energien noch schneller und noch stärker drosseln.
Ich danke euch, lasst euch nicht beirren!
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