
Von Carmen Behrens
Grünen Frauen luden zur Linsenfeldbesichtigung ein
Paderborn. Altbauer Anton Ising aus Dahl ist noch skeptisch. „Wissen sie wirklich, was sie tun?“, fragt der ehemalige Getreidebauer und blickt auf die Gruppe, die sich um die Mariensäule am Haxtergrund am Stand der Linsenmanufaktur eingefunden hat. Eingeladen von den Grünen Frauen aus Paderborn fanden sich nun über 60 wissenshungrige Linsenfreunde zusammen, die in einem Feldversuch das Geheimnis des neuen Superfood ergründen wollten, das künftig auch auf der Paderborner Hochebene wieder heimisch werden soll.
Linsen als heimliches Superfood? Richtig, denn dank zahlreicher Nährstoffe haben sich die kleinen Samen in den vergangenen Jahren zum Superfood entwickelt. Großmutters Eintopf-Rezept erhält einen neuen Stellenwert und auch die Paderborner Petra Kaiser und Arnd Drossel lieben diesen kleinen Schmetterlingsblütler, vor dem die gemeinen Getreidebauern einen großen Bogen machen.
Bei Petra Kaiser, Gründerin der Linsenmanufaktur mit Sitz im Drei-Orte-Eck Scharmede/ Bentfeld und Gesseln dominiert die krautige und einjährige Pflanze ihr Leben, denn seit Herbst 2019 machen die kaiserlichen Bratlings-Freunde die herkömmliche Linse einem breiten Publikum schmackhaft. Mit und in ihrer Linsenmanufaktur entwickelte das Duo Kaiser und Arnd Drossel die selbstkreierten Fertigmischungen für Linsenbratlinge, Linsen-Kekse und Linsen-Kicherlinge – eben Superfood und alles garantiert ökologisch wertvoll.
Grund genug, die Superfrucht mit einer energieversprühenden Leidenschaft den Zuhörer/innen schmackhaft zu machen. Nachhaltigkeit ist ein fester Bestandteil des kaiserlichen Konzeptes und impliziert den regionalen Anbau der eigentlich unwirtschaftlich gewordenen Hülsenfrucht. Ihren Traum, den Linsenanbau zurück auf die Paderborner Hochebene zu bringen, haben sie mit ihrem Kooperationspartner Bio-Bauer Enno Eilers aus der Demeter Landwirtschaft Schloss Hamborn verwirklicht. Auf 2 Hektar kargem Hochebenen-Boden schlängelt sich die grüne Hülsenfrucht an ihre Stützfrucht – dem Hafer.
Kleine Linsenschoten
„Unvermeidbar“, erklärt der kooperierende Ökobauer Benno Eilers, der sich gerne auf das Experiment des Linsenanbaus eingelassen hat. Solidarische Landwirtschaft ist die Basis des gemeinsamen Feldversuches mit der nährstoffreichen Superfrucht. Doch das einjährige Krautgewächs braucht eine Rankhilfe, an die sich die feinblättrige Linse schlängeln kann. Ohne diese Bei-Pflanzen würde die Frucht am Boden liegen. Geerntet wird mit dem Mähdrescher und in einem technisch aufwendigen Sieb-Verfahren werden die Getreidekörner und die Linsen getrennt. Ein Geduldsspiel, dass in der freien Landwirtschaft als marktwirtschaftlich untragbar gilt.
Ob 500 Kilo Linsen oder vielleicht doch 2.500 Kilo des nährstoffreichen Samens im Erntetrog liegen, wird sich Ende August zeigen. Geduldig erklärte Bauer Benno den Linsenfreunden die Pros und auch die Kontras. Doch letztendlich, so Enno Eilers, wisse man erst nach der Ernte, ob das Projekt „Linsen – made in Paderborn“ erfolgreich sei.
Schon jetzt sei das Linsengeschäft ein Erfolgsprojekt, weiß Norika Creuzmann, Landratskandidatin im Hochstift und hob das ganzheitlich angelegte Engagement der Powerfrau Petra Kaiser hervor. Das innovative Projekt mit der vielseitigen Hülsenfrucht zeige, dass der Nachhaltigkeitsgedanke immer stärker in das Bewusstsein der Menschen kommen würde, so Creuzmann und fand sehr viel Zustimmung bei den geladenen Linsenfreunden.
Bauer Ising bleibt derweil ein wenig skeptisch und erinnert sich wie in den Enddreißigern seine Eltern das letzte Linsenfeld bestellten. „Wir sprechen uns Ende August“, lacht der 86-jährige Alt-Bauer und zieht von dannen. In der Hand eine fast reife Frucht des Superfoods, in der anderen das Rezept für Linsenbratlinge. Wir sehen uns nach der Ernte. Gerne!
INFOS
Linsen werden in sogenannter Mischkultur angebaut, denn die Schmetterlingsblütler aus der Familie der Hülsenfrüchtler benötigen eine Stützfrucht. In Paderborn besteht die Zusammensetzung des Saatguts aus knapp 60 % Hafer, 40 % Linsen und vereinzelnt Ölleinen. Am besten gedeiht die Linse auf trockenem und kalreichen Böden. Basisch und steinige Böden werden ebenfalls von ihr bevorzugt. Die Anspruchslosigkeit der ältesten Kulturpflanze (bereits vor 8.000 Jahren soll sie in Zentralasien angebaut worden sein) macht sie zur begehrten Bodenfrucht. Noch vor 100 Jahren war die Linse ein bedeutender Faktor für die Selbstversorgung in Deutschland. Im ökologischen Landbau wurde die Linse jedoch in den vergangenen Jahren wiederentdeckt und rekultiviert.
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