Heute ist der 8. März, heute ist der internationale Frauentag. Der Frauentag setzt sich seit 1911 für die Gleichberechtigung von Frauen und Männern ein. Frauen gehen seitdem auf die Straße, um ihre Rechte einzufordern, um auf Verhältnisse aufmerksam zu machen, in denen wir als Frau jeden Tag leben müssen. In Russland ist der internationale Frauentag ein Feiertag und dort werden gerade jetzt – Frauen festgenommen, die für ihre Rechte, für Freiheit und Frieden auf die Straße gehen.
Zu Beginn (1911) stand insbesondere das Frauenwahlrecht im Fokus. Im Laufe der Jahre wurden unterschiedliche Themen am Weltfrauentag behandelt. Proteste gegen Krieg und Gewalt, Mutterschutz, gleicher Lohn für gleiche Arbeit und aktuell stehe ich hier für die Umsetzung der Istanbul Konvention.
In vielen Ländern ist der internationale Frauentag ein Feiertag. Berlin, Angola, Armenien, Aserbaidschan, Burkina Faso, Eritrea, Georgien, Guinea-Bissau, Kasachstan, Kambodscha, Kirgisistan, Kuba, Laos, Madagaskar, Moldau, in der Mongolei, in Nordkorea, Nepal, Sambia, Tadschikistan, Turkmenistan, Uganda, in Usbekistan, Vietnam und Weißrussland. In der Volksrepublik China ist der Nachmittag für Frauen arbeitsfrei.
Der internationale Frauentag macht aufmerksam auf Situationen, die Frauen täglich erfahren.
Weltweit erfährt jede dritte Frau Gewalt, weil sie eine Frau ist!
Neun von zehn Menschen auf der Welt sind gegenüber Frauen voreingenommen. Weltweit denkt ein Viertel aller Männer, es sei gerechtfertigt, dass Männer ihre Frauen schlagen. Dieses sind alarmierende Ergebnisse einer Untersuchung der UNO in der festgestellt werden sollte, was der Gleichstellung von Frauen im Weg steht.
Acht von zehn Menschen werden weltweit bedroht, wenn sie sich politisch engagieren. Auch hier sind wieder Frauen im besonderen Maße betroffen.
Viele, sehr viele Frauen sind Opfer von Gewalt, von physischer, psychischer oder sexueller Gewalt. Opfer männlicher Gewalt.
Der internationale Frauentag macht aufmerksam auf Situationen, die Frauen täglich erfahren.
Zurzeit erreichen uns Bilder aus der Ukraine, die erschüttern. Krieg in Europa. Unfassbares Leid, tausendfacher Tod. Getötete Zivilistinnen und Zivilisten, darunter viele Kinder. Getötete Soldaten auf beiden Seiten. Söhne !
Ich vermag kaum auszudrücken, was die Ereignisse der letzten neun Tage mit mir machen und ich bin sicher, dass es vielen von Euch, von Ihnen auch so geht.
Vertriebene, Verzweifelte, nur mit dem Nötigsten im Gepäck, stehen an Grenzen, hoffen auf Sicherheit.
Es sind in der Regel Frauen mit ihren Kindern. Sie sind auf sich gestellt. Sie müssen ihre Familie durchbringen, sie versorgen, ein Dach über dem Kopf finden, Kleidung, Lebensmittel und Medikamente ergattern. Und das alles in einer fremden Umgebung, umgeben von Menschen, die eine fremde Sprache sprechen. Die Zukunft? Ungewiss. Der Kontakt zu den Zurückgebliebenen? Nur sporadisch. Die Angst? Unendlich.
Die Männer dürfen die Ukraine nicht verlassen.
Andere Frauen wiederum greifen zu den Waffen, es geht um die Bewahrung der Demokratie, es geht um die Bewahrung der Freiheit. In der Ukraine ist der internationale Frauentag ebenfalls ein Feiertag.
Der Konflikt dauert nicht erst neun Tage. Der Beginn der zum Krieg gewordenen Auseinandersetzung liegt im Jahr 2014, als russische Freischärler Ansprüche auf die Ostukraine anmeldeten und mit Gewalt durchzusetzen versuchten. Mehr als 1,5 Millionen Menschen wurden seitdem von dort vertrieben – und zwei Drittel davon sind Frauen und Kinder. Und jetzt gibt es an den Grenzübergängen zu Polen, Ungarn und Rumänien wieder riesige Flüchtlingsströme.
Diese Frauen und Mädchen haben einen erschwerten Zugang zur Gesundheitsversorgung. Geschlechtsspezifische Gewalt nimmt besorgniserregend zu. Ungeschützte Flüchtlinge sind ein leichtes Ziel, sie haben erstmal niemanden, an den sie sich wenden können und können nur auf wenig Hilfe hoffen. Die Sorge ist groß, dass Menschenhändler die Not und Schutzlosigkeit gerade von alleinreisenden Frauen ausnutzen. Wie wunderbar, dass viele der Ukrainerinnen so herzlich aufgenommen werden. Eine Welle der Solidarität und des Mitgefühls hat Europa und die ganze Welt erfasst.
Im Mittelmeer ertrinken die Menschen nach wie vor.
Sorry, das musste erstmal raus, denn eigentlich ist mein Thema heute, wie schon genannt, die Istanbul Konvention. Diese Konvention zum Schutz von Frauen vor Gewalt trat 2014 in Kraft und wurde von 34 Mitgliedsstaaten des Europarates ratifiziert.
Die Istanbul Konvention ist ein Meilenstein in der Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen. Sie befasst sich nicht nur mit individuellen Gewalterfahrungen, sondern auch mit strukturellen Gewaltformen wie festgefahrenen geschlechtsspezifischen Rollenbildern. Hier bekommen die Gewaltpräventionen durch Bewusstseinsschaffung und Sensibilisierung der Öffentlichkeit Gesetzeskraft, die Unterstützung und Schutz durch Hilfsdienste, der Einsatz ausgebildeter Fachkräfte und die Einrichtung von Frauenhausplätzen sind darin festgeschrieben.
Wirksame strafrechtliche Normen und Verfahren zur Aufklärung und Sanktionierung von Gewalttaten werden darin gefordert, ebenso ein Sofortschutz durch Kontakt- und Näherungsverbote. Ausdrücklich sollen der Schutz vor Gewalt auch auf Asylverfahren ausgeweitet werden und dazu gehören auch eigenständige Aufenthaltstitel für weibliche Gewaltopfer.
Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt wird konkret als Verletzung der Menschenrechte angesehen. Der Konvention liegt ein Gewaltbegriff zugrunde, der Gewalt als alles definiert, was körperliche, sexuelle, psychische oder wirtschaftliche Leiden verursacht oder verursachen kann. Die Anforderungen und Verpflichtungen zur Verhütung von Gewalt richten sich an staatliche Stellen auf allen Ebenen – an den Bund, die Länder und die Kommunen.
Im Kreis und in der Stadt Paderborn haben wir uns auf den Weg gemacht den Ist Zustand zu bewerten. Es werden bereits viele Projekte unterstützt, wir haben eine gute und vielfältige Infrastruktur geschaffen. Aber sollten wir nicht weiter gehen und im Rahmen der europäischen Charta zur Gleichstellung von Frauen und Männern ein Aktionsplan gegen Gewalt an Frauen erarbeiten?
Die Ukraine hat diese Konvention nicht unterzeichnet, Russland übrigens auch nicht. Aber die westliche Orientierung der Ukraine hätte dieses Land immer stärker an die Westlichen Werte herangeführt und früher oder später wäre die Ukraine mit im Boot der Unterzeichner:innen gewesen, da bin ich mir sicher.
Menschenrechte werden nicht erst seit Kriegsausbruch in der Ukraine großgeschrieben – und Frauenrechte SIND Menschenrechte. Wo ich grade über Russland spreche: Auch von dort erreichen uns aufschlussreiche Bilder: Trotz massivster Strafandrohungen finden sich in allen großen russischen Städten Menschen auf den Straßen zusammen, um gegen den Krieg zu protestieren.
Die meisten von ihnen sind Frauen – und es packt mich jedes Mal die Wut, wenn ich sehe, mit welcher Härte und Gewalt die russische Staatsmacht gegen diese Demonstrantinnen vorgeht. Wie schon gesagt, in Russland ist der internationale Frauentag ein Feiertag. Was für eine Farce.
Im heutigen Russland bilden Feministinnen eine der aktivsten sozialen Bewegungen, die der staatlichen Unterdrückung trotzen. Sie vereinigen sich in diesen Tagen, um Putins Krieg gegen die Ukraine zu widerstehen. Was sie ausmachen können, das haben wir schon erlebt, als der russische Einmarsch in Afghanistan mehr und mehr zum Fiasko wurde. Damals waren es die Soldatenmütter, die den Protest gegen den Krieg auf die Straße trugen. Und auch jetzt machen sich immer mehr Mütter russischer Soldaten Sorgen um ihre Kinder, die als Rekruten eigentlich nur an der Militärübung mit Belarus teilnehmen sollten. Viele hatten erst vor einigen Monaten ihren Wehrdienst angetreten, schon sollten sie einen Vertrag als Zeitsoldat unterschreiben. Dann ging es an die ukrainische Grenze, direkt an die Front – seitdem haben die Mütter von ihren Söhnen nichts mehr gehört. Man spekuliert von mehr als 5000 gefallenen Soldaten – und ich kann nur hoffen, dass dieser fürchterliche Blutzoll die russischen Frauen und die gesamte Bevölkerung aufrüttelt und dass es ihnen allen zusammen gelingen möge, diesen Irrsinn zu beenden.
Wenn ich auf unsere Außenministerin Annalena Baerbock schaue und es hat tatsächlich fast 152 Jahre gedauert, bis eine Frau an die Spitze des auswärtigen Amtes gerückt ist, dann freue ich mich, was für klare Worte sie bei der UN-Generalversammlung aber auch wenige Tage zuvor beim Treffen mit dem russischen Außenminister Lavrov gefunden hat. Ob Frauen pauschal die besseren Politikerinnen sind, überlasse ich der Betrachtung des Einzelnen. Aber Männerfreundschaften wie zwischen Putin und Altkanzler Schröder haben sich meines Erachtens nicht als ein gesundes Fundament erwiesen, auf denen Völkerverständigung und Frieden aufgebaut werden können. „Wenn es um Krieg und Frieden geht, ist Heraushalten keine Option“, hatte Baerbock vor der UN gesagt. Das trage ich mit. Und erweitere den Satz: Wenn es um Schutz von Frauen und Kindern gegen Gewalt geht, gilt dies ebenso. Ganz egal, ob es sich um häusliche Gewalt handelt, um Übergriffe auf schutzlose Flüchtlinge oder Raketen auf Wohngebiete.
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